| Kurzkommentar |
Dass die Gesellschaft einen bedeutenden Einfluss auf Form und Lebbarkeit von Sexualität hat, erscheint offensichtlich. Doch wie es um die Veränderung und Beständigkeit spätmoderner Sexualität steht, ist Gegenstand zahlreicher Debatten. Insbesondere vor dem Hintergrund sich wandelnder Geschlechter- und Arbeitsverhältnisse, dem Übergang von einer klassischen Sexualmoral zur Verhandlungsmoral (Gunter Schmidt) und immer stärker werdenden politischen Bewegungen, die jene Veränderungen umzukehren beabsichtigen, steht nicht nur die Soziologie vor der dringlichen Frage, wie sexuelle Phänomene zu begreifen sind.
Die Auseinandersetzung zwischen Subjekt und Vergesellschaftung, zwischen kollektivem Wesen und der Sehnsucht, der Begierde, dem Wunsch und der Abneigung des einzelnen Wesens zieht sich zentral durch das Themengebiet der Sexualität. Mit ihr existiert aber immer auch die Gefahr und das Risiko, welche als teils verhängnisvolle Schattenseite die Auseinandersetzung mit Sexualität zu einem nicht minder riskanten Unterfangen macht; es ist ein Umgang mit heißen Begriffen (Michel Foucault). Durch die Beleuchtung verschiedener Facetten spätmoderner Sexualität soll sich dem Thema genähert werden. Dabei gewinnen nicht nur explizit soziologische Herangehensweisen an Bedeutung: Von der Literaturwissenschaft über die Philosophie bis zur Psychologie sollen die verschiedenen Wissensbereiche in einen produktiven Dialog treten. Hiermit soll den Entwicklungen in neosexuellen Zeiten (Volkmar Sigusch), mit ihren Konflikten, Aporien und sexuellen „Gleichzeitigkeiten von Ungleichzeitigem“ (Sophinette Becker) Rechnung getragen werden. |