Judith Schalansky ist nicht nur eine erfolgreiche Gegenwartsautorin sondern auch eine mit Preisen ausgezeichnete Typographin und Buchgestalterin. Ihre Bücher können mit Recht als bild-textliche Gesamtkunstwerke bezeichnet werden. „Nicht selten ist es die Form“, bemerkt Schalansky, die den gestalterische Arbeitsprozess auch als Autorenleistung versteht, „die den Inhalt bezwingt und das Buch überhaupt erst möglich macht“ (Schalansky „Wie ich Bücher mache“, Bella trista 39 (2011)). Farben, Satz, Typographie, Schnitt und Bindung, die Wahl des (zum Teil ungewöhnlichen Genres wie das des Atlas‘) und natürlich die vielen graphischen Elemente und Bilder, die mit dem Text in ein dialogisches und zum Teil auch spannungsreiches Verhältnis treten, gehören zum unhintergehbaren sinnstiftenden Teil des Buches.Das SE konzentriert sich auf diese Text-Bild-Verhältnisse im weitesten Sinne: Auf das spannungsreiche Verhältnis von Miniaturprosa und Inselkarte im „Atlas der abgelegenen Inseln“ (2009), auf den Dialog zwischen den naturkundlichen Abbildungen und den Natur- und Kulturgeschichtsdeutung der Protagonistin Inge Lohmark in „Der Hals der Giraffe“ (2011) oder auf das „Verzeichnis einiger Verluste“ (2018), das nach strengen satztechnischen Regeln entworfen ist und in denen die jedes Kapitel einleitenden Darstellungen erst bei querscheinendem Lichteinwurf sichtbar werden, um das Abwesend-Anwesende preiszugeben.Phänomene der Zerstörung und des Verlustes und die Frage nach den (erkenntnistheoretischen ebenso wie ethischen) Bedingungen der Möglichkeit einer historischen Überschreibung sind ein bleibender Fokus in der Prosa Judith Schalanskys. Neben den Text-Bildverhältnissen werden weitere für die Gegenwartsliteratur prominent verhandelten Themen im Werk Schalanskys Werk reflektiert. Zwei von ihnen sollen in einer Art verlängerten Coda mit Rückblick auf die untersuchten Werke gegen Ende des Seminars in den Blick genommen werden: die Debatte um ‚Nature Writing‘ und die eng mit den Fragen nach Verlust und Erinnerung verbundene Poetik des Sammelns.Als Seminarleistung werden neben der vorbereitenden Lektüre und aktiven Teilnahme ein kurzer inhaltlicher Beitrag (etwa in Form eines Impulsreferates oder eines Sitzungsprotokolls oder eines thematischen Essays) erwartet.Die Prüfungsleistung (Modulprüfung) wird in Form einer schriftlichen Hausarbeit erbracht, für die aufgrund der befristeten Beschäftigung der 01.09.2025 als letztmöglicher Abgabetermin festgesetzt werden muss.
Eine ausführliche Literaturliste sowie Textauszüge aus Primär- und Sekundärliteratur werden zu Beginn des Seminars auf Moodle bereitgestellt und sukzessive nach Bedarf ergänzt. Bitte besorgen Sie sich ein eigenes Exemplar von „Der Hals der Giraffe. Bildungsroman“ (2011). Zur Einführung: „Judith Schalansky“, Text & Kritik (IX/2024).
Die Veranstaltung wurde 3 mal im Vorlesungsverzeichnis SoSe 2025 gefunden: