Arbeitsfelder der Mediävistik werden in dieser VL anhand der Merkmale vorgestellt, die mittelalterliche Literatur in deutscher Sprache grundlegend auszeichnen: In erster Linie meint das ihre sprachliche Form, aber auch die Besonderheiten der Welten, von denen diese Literatur erzählt, und es meint schließlich die sozialen und medialen Bedingungen, unter denen volkssprachliche Literatur im Mittelalter entsteht.Gemessen am heutigen Verständnis von Literatur, das immer noch maßgeblich durch literarische Texte seit dem späten 18. Jahrhundert geprägt ist, erscheint mittelalterliche Literatur häufig unvertraut und fremdartig. Neben Unterschieden zu moderner Literatur lassen sich aber auch kontinuierliche Elemente sowie Korrespondenzen insbesondere zur Literatur der späten Moderne ausmachen. Durch sie kann der Eindruck entstehen, in mittelalterlicher Literatur sei vorformuliert, was uns aktuell beschäftigt. Ein prominentes Beispiel sind die materiellen Objekte oder ‚Dinge‘, denen nicht nur von der zeitgenössischen Akteur-Netzwerk-Theorie eine gewisse Handlungsmacht oder ein ‚Eigensinn‘ zugeschrieben wird, sondern auch in manchen mittelalterlichen Texten.Um Fragen der Historisierung mittelalterlicher Literatur in den Vordergrund stellen zu können, beginnt das Programm der VL mit der modernen Mittelalterrezeption. Im Laufe des Semesters werden dann literarische Texte unterschiedlicher Zeiträume und Gattungen vorgestellt, so dass in Schlaglichtern ein literaturgeschichtlicher Überblick entsteht. Thematische Schwerpunkte bilden unterschiedliche Formen enger personaler Verbindungen, die unter den Begriff ‚minne‘ gefasst werden können, das Verhältnis von Ritterschaft und Gewalt, Staunen erregende Darstellungen der fernen Fremde sowie Paradiese und andere Entwürfe sozialer Idealität. Darüber hinaus wird auch das methodische Handwerkszeug mediävistischer Literaturwissenschaft behandelt: insbesondere Überlieferungsgeschichte und Editionsphilologe sowie historische Narratologie, Medialitätsforschung und Wissensgeschichte.
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