Kommentar |
Georg Friedrich Händel zählt heute unbestritten zu den bekanntesten Komponisten der europäischen Musikgeschichte. Jedoch geht mit der Bekanntheit seines Namens nicht zwingend die Kenntnis wenigstens einiger seiner Werke einher, wie dies etwa bei den Zeitgenossen Johann Sebastian Bach oder Antonio Vivaldi der Fall ist. Dabei war Händel nicht nur überaus produktiv und wurde bereits zu Lebzeiten hochgeschätzt; der genauere Blick auf Händels Biografie offenbart auch eine enge Verbindung seines Schaffens zu den politischen Verhältnissen und Entwicklungen seiner Zeit. Etwa bereiste der Komponist vor seiner Emigration nach England auch Italien, vorübergehende Anstellungen führten ihn außerdem nach Hamburg und Hannover. Seine Musik wusste Händel dabei stets den Erfordernissen und Erwartungen vor Ort anzupassen. Darüber hinaus finden sich neben repräsentativen Stücken wie den Coronation Anthems oder der Feuerwerks- und Wassermusik auch solche mit einem direkten, fast tagesaktuellen politischen Bezug wie das Dettinger und das Utrechter Te Deum. Insgesamt gilt Händel daher auch als „der eindrucksvollste frühe Fall eines musikalischen Weltbürgers“ (Maier 2002).
Dennoch blieb der Komponist für die längste Zeit seines Lebens institutionell ungebunden und bewies großes unternehmerisches Geschick bei der selbstständigen Organisation und Durchführung von Opern- oder Oratorienaufführungen, was ihm unter den Zeitgenossen Bewunderung und harsche Kritik gleichermaßen einbrachte. Obwohl Händels Werke auch nach seinem Tod – namentlich in Großbritannien – fest im Repertoire verankert blieben und nicht in Vergessenheit gerieten, setzte im 19. Jahrhundert eine „Händel-Renaissance“ ein, wobei der Komponist und sein Schaffen zum Gegenstand der sich gerade etablierenden akademischen Musikwissenschaft avancierten.
Die Beschäftigung mit Händel deckt somit ein breites Themenfeld ab: von der musikalischen Landschaft im Europa des frühen und mittleren 18. Jahrhunderts und deren Verflechtung mit dem politischen Umfeld, über Fragen der Rekonstruktion und Aufführungspraxis, bis hin zur musikwissenschaftlichen Fachgeschichte und den Standards heutiger kritischer Gesamtausgaben. Diese Themenbereiche bestimmen den Verlauf des Seminars, indem schlaglichtartig ausgewählte Werke Händels mit zentralen Stationen seiner Biografie und Rezeptionsgeschichte enggeführt werden. Dabei stehen auch der Umgang mit Gattungsnormen und generelle ästhetischen Betrachtungen sowie philologische Fragestellungen zur Diskussion. |
Literatur |
Hans Joachim Marx, Art. „Georg Friedrich Händel“, in MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, New York u.a. 2016ff.
Das Händel-Handbuch, hrsg. von Hans Joachim Marx, 6 Bde., Laaber 2008–2012
Händel-Jahrbuch, hrsg. von der Georg-Friedrich-Händel-Gesellschaft, 1. Serie: I-VI, 1928–1933, Nachdruck 1968; 2. Serie: 1–69, 1955–2023
Göttinger Händel-Beiträge, hrsg. im Auftrag der Göttinger Händel-Gesellschaft, 1–24, Kassel 1984–1993 / Göttingen 1996 ff.
George Frederic Handel. Collected Documents, zusammengestellt und hrsg. von Donald Burrows u.a., 4 Bde., Cambridge 2013–2020
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