Kommentar |
Der Begriff der Kultur scheint einerseits allgegenwärtig und selbstverständlich, andererseits wird er derzeit als Chiffre für sehr unterschiedliche Dinge benutzt. So kann er, je nach Gebrauchskontext, „hohe Kultur“ im alten Sinne, also etablierte Kunst, Musik, Dichtung bedeuten; er kann als Synonym für Bildung dienen; er kann das Wort „Ethnie“ ersetzen oder in neurechten Kontexten auch für Religionsgemeinschaft („islamische Kultur“) stehen und auf ein rassistisches Verständnis verweisen; dagegen hat er sich auch in ein Sprechen über mit Denkweisen verbundene Praktiken eingefunden: „Esskultur“ ebenso wie „Kultur der Migration“.
Das Seminar möchte, ausgehend von den aktuellen Gebrauchszusammenhängen, in die Geschichte des Begriffs Kultur im deutschsprachigen Raum eintauchen, seine Genese und Übersetzungen nachzeichnen, seinen Verbindungen zu anderen Sinnzusammenhängen nachgehen – etwa von cultura zu colonia – und seine ästhetische wie theoretische Fruchtbarmachung in der Kulturwissenschaft befragen. Diskutiert werden Quelltexte unter anderem von Gottfried Wilhelm Leibniz, Jean-Jacques Rousseau, Friedrich dem Großen, Sigmund Freud, und theoretische Analysen unter anderem von Moses Mendelssohn, Norbert Elias, Georg Bollenbeck und Hartmut Böhme. |