Gruppe 1: Berlin im Kalten Krieg
Kaum eine Stadt war so sehr vom Kalten Krieg geprägt wie Berlin: besetzt und geteilt, „Schaufenster des Westens“ und „Hauptstadt der DDR“ zugleich, der Ost-West-Konflikt und die Systemkonkurrenz bestimmten schon einiges im Alltag der Berliner. Gleichzeitig war das Leben in der Stadt immer weitaus mehr als nur Teilung und Mauer, und es war niemals eine rein deutsch-deutsche Angelegenheit: hier lebten (und starben) alliierte Soldaten, ausländische Studierende, Gastarbeiter*innen und Fluchtlinge. In diesem Kurs werden wir versuchen, den Alltag in beiden Teilen der „Frontstadt“ anzunähern, indem wir aus verschiedenen Perspektiven auf die Stadt, ihre Orte, ihre Bewohner*innen und deren Praktiken schauen.
Die Sitzungen finden in deutscher Sprache statt, aber für einige Lektüren sind passive Englischkenntnisse erforderlich.
Gruppe 2: Einführung in die japanische Wirtschaftsgeschichte
Japan stellt für die Bundesrepublik Deutschland nicht nur einen wichtigen Wirtschaftspartner dar, sondern wird auch häufig herangezogen, um mögliche zukünftige Entwicklungen in Deutschland selbst zu untersuchen. Ein Beispiel hierfür ist die japanische Bevölkerungsentwicklung und die dadurch entstehenden Probleme, etwa im Bereich der Rentenversicherung. Bereits in den 1950er Jahren begann Japan, ein bedeutender Wirtschaftspartner der Bundesrepublik zu werden, und ab den späten 1960er Jahren wurde es als mögliches Vorbild für Wirtschaftspolitik und Management-Methoden erwogen.
Vor diesem Hintergrund werden wir im Proseminar die Grundzüge der japanischen Wirtschaftsentwicklung nach 1945 diskutieren. Dabei werden wir exemplarisch vorgehen und in den Seminarsitzungen verschiedene Themenbereiche genauer behandeln. Zu diesen Bereichen gehören etwa die industrielle Entwicklung, Arbeitsmarkt und Gewerkschaften, Kapitalmarkt und Banken, Umwelt- und Energiepolitik sowie Demographie und Altersabsicherung. Das Ziel ist es, dass die Teilnehmenden in die Lage versetzt werden, die wichtigsten Aspekte und Probleme der japanischen Wirtschaftsentwicklung zu verstehen und darauf aufbauend zu gegenwärtigen Entwicklungen Stellung zu beziehen.
Gruppe 3: Ressource, Bedrohung, Sehnsuchtsort. Naturwahrnehmungen im 19. Jahrhundert
Was war die Natur den Menschen im Europa des 19. Jahrhunderts? Urbanisierung und Industrialisierung, Kolonialismus und Nationalbestrebungen, Epidemien und Plagen, oder auch die Lebensreformbewegung und die verklärende Naturverehrung der Romantik – all diese Phänomene zeugen von den wogenden Dynamiken und teils hehren Widersprüchlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Unter Einbezug eines geplanten Publikationsvorhabens gibt das Proseminar einen Einblick in die vielfältigen Perspektiven der Menschen auf die Natur in diesen Kontexten. Damit verbunden ist ein Blick hinter die Kulissen wissenschaftlicher Publikationsprozesse, der zugleich das Konzipieren und die Erstellung der eigenen Hausarbeit schult.
Gruppe 4: Warschau-Wilna-Lemberg-Königsberg. Jüdische Topographien im 19./20. Jahrhundert
Im 19. Jahrhundert begannen Städte rapide zu wachsen. Steigende Bevölkerungszahlen sowie wirtschaftliche Veränderungen erforderten einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und zogen damit noch weitere Menschen an, für die der städtische Raum neue Entwicklungsmöglichkeiten bot. Diese Prozesse vollzogen sich ebenfalls im ostmitteleuropäischen Raum und stellten viele Bevölkerungsgruppen einschließlich der Juden wie auch die zarische Verwaltung vor neue Herausforderungen. Die Veranstaltung bietet eine Einführung in den ostmitteleuropäischen städtischen Raum des 19. Jahrhunderts mit einem Schwerpunkt auf jüdische Protagonisten.
Gute Lesekenntnisse des Englischen werden vorausgesetzt, weitere Sprachkenntnisse sind willkommen, aber nicht erforderlich.
https://moodle.hu-berlin.de/course/view.php?id=126705
Gruppe 5: Psychatrie im kurzen 20. Jahrhundert. Eine etwas andere Kulturgeschichte Berlins, 1914-1995
Die Transformation einer traditionellen Irrenpflege hinter den Mauern großer Anstalten in eine offene und gemeindenahe psychiatrische Versorgung wird gerne als Erfolgsgeschichte gefeiert. Wir wollen im Seminar daher einen genaueren Blick auf dieses Wechselverhältnis von Psychiatrie und Stadt werfen. Berlin dient hierbei als exzeptionelles Beispiel, da viele Entwicklungen von hier ihren Ausgang nahmen. Dabei sollen verschiedene Aspekte einbezogen werden – vom Aufstieg der Psychiater zu Experten vor Gericht und in der Arbeitswelt über den Krankenmord im NS bis hin zur sogenannten pharmakologischen Revolution und den neuen Behandlungsverfahren im Versorgungssystem zwischen Stadt, medizinischer Fakultät und ambulanter Praxis auf beiden Seiten der Mauer einschließlich Psychiatriereform und ihrer Folgen. Hierbei sollen neben der institutionellen Entwicklung auch die Konzepte von psychischer Alterität und dem Umgang mit ihr jenseits der institutionalisierten Psychiatrie eingegangen werden.
Gruppe 6: Polizei, Staat und Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert
Moderne Staatlichkeit lässt sich im Europa des 19. und 20. Jahrhunderts kaum ohne die zentrale Rolle der Polizei denken. Ob bei Revolutionen, Streiks, bei der Verkehrsregelung oder bei Einbrüchen und Mordfällen prägte die Polizei gesellschaftliche und politische Ordnungen maßgeblich mit.
Wie kam es aber historisch dazu, dass sich eine Institution wie die moderne Polizei herausbildete? Welche Funktionen sollte sie erfüllen, und welche Ansprüche wurden in verschiedenen historischen Kontexten an sie gestellt? Welche Veränderungen brachten Prozesse wie Industrialisierung und Urbanisierung mit sich? Und wie transformierten sich Polizeiorgane bei politischen Umbrüchen, wie dem Übergang vom Kaiserreich in die Weimarer Republik?
In diesem Seminar werden wir gemeinsam diesen und weiteren Fragen nachgehen. Deutschland und die Großstadt Berlin werden im Fokus stehen, wobei punktuell auch auf die internationale Dimension eingegangen wird. Zentrale Texte aus der polizeihistorischen Forschung werden dabei die Grundlage bilden, um dieses Forschungsfeld in seiner Vielfalt an methodologischen Ansätzen näher kennenzulernen. Daneben wird unterschiedliches Quellenmaterial als Beispiel analysiert, um genauer zu verstehen, wo wichtige Quellen zur Polizeigeschichte zu finden sind und wie sie in wissenschaftlichen Arbeiten verwendet werden können. |