Seminar "Variation und Wandel im soziohistorischen Kontext"
Sprachwandel und -variation sind sowohl durch inner- als auch außersprachliche Einflüsse bedingt, wobei in diesem Seminar insbesondere letztere im Vordergrund stehen werden. Zum einen ist Sprache ein zutiefst soziales Phänomen. Zum anderen ist Sprache ein historisches Phänomen, das sich in der zeitlichen Dimension stetig verändert. Soziolinguistische und historische Einflüsse haben somit über einen langen Zeitraum hinweg für die Ausprägung der heutigen deutschen Gegenwartssprache mit all ihren vielfältigen Ausformungen gesorgt.
In diesem Seminar sollen zunächst Grundlagen vermittelt und ein Überblick über die deutsche Sprachgeschichte gegeben werden. Im Anschluss daran werden wir Variation und Wandel im Sprachsystem näher betrachten sowie soziolinguistische Faktoren in den Blick nehmen, und zwar immer auch vor dem Hintergrund der sprachgeschichtlichen Entwicklungen. Hier sollen zudem konkrete Varietäten und Stile des Deutschen vorgestellt werden.
Das Lernziel des Seminars besteht im Wesentlichen darin, sprachliche Variation soziolinguistisch einordnen zu können und die Gegenwartsprache als etwas „Gewordenes“ und als Konglomerat vielfältiger Varietäten/Stile zu begreifen.
Seminar "Wahrnehmung sprachlicher Variation"
Im Seminar beschäftigen wir uns mit sprachlicher Variation und wie diese in verschiedenen Kontexten wahrgenommen wird. Dazu befassen wir uns zunächst mit Konzepten wie Standardsprache und Standardsprachideologie. Anschließend werfen wir einerseits einen Blick auf funktionale und grammatische Eigenschaften von bestimmten sprachlichen Strukturen und andererseits auf empirische Studien zur Wahrnehmung von Variation. Hierbei diskutieren wir auch Auswirkungen und Implikationen für die Schule.
Seminar "Grammatische Zweifelsfälle im Deutschen"
Beim Verfassen von Texten kommt es immer wieder vor, dass wir uns unsicher sind, welche Form korrekt ist bzw. dem Standard entspricht. Heißt es Wir haben oder sind gestanden/geschwommen? Wir backten oder buken? trotz Stau oder Staus? von hervorragenden oder hervorragendem Geschmack? mit großem persönlichen oder persönlichem Engagement? Grammatische Zweifelsfälle sind Teil der grammatischen Variation einer Sprache. Sie treten somit systematisch innerhalb einer Sprachgemeinschaft auf. In diesem Seminar werden wir uns mit einigen ausgewählten Zweifelsfällen der deutschen Grammatik beschäftigen und folgenden Fragen nachgehen: Was sagen uns Zweifelsfälle über unser Verständnis von Grammatik und Sprachsystem? In welchem Verhältnis stehen Zweifelsfälle und Sprachwandel? Was ist Standardsprache bzw. Standardvarietät und wie verhalten sich Zweifelsfälle dazu?
Seminar "Berlinisch"
In dem Seminar werden sprachhistorische, dialektologische und soziolinguistische Merkmale der Stadtsprache Berlinisch behandelt. Die Bezugnahme auf die wichtigsten Etappen der stadtgeschichtlichen Entwicklung ist ebenso vorgesehen wie Überlegungen zur Auswahl und Vermittlung einzelner Aspekte im Unterricht.
Einführende Literatur
Schildt, Joachim/Hartmut Schmidt (Hrsg.) (1992): Berlinisch: Geschichtliche Einführung in die Sprache einer Stadt. 2., bearb. Aufl. Berlin: Akademie.
Seminar "Varianten und Alternativen in der Grammatik"
„Die Sprache wird heute so schnell umgebildet, daß sie [...] verkommen und verlottert ist.“ schreibt Gustav Wustmann und benennt auch die Schuldigen: „Wo stammen sie denn her, die Deutschverderber der letzten vierzig Jahre, wenn nicht aus der deutschen Schule?“ Das war 1891. Im Jahr 2006 titelt Der Spiegel „Rettet dem Deutsch“ und Bastian Sick füllt Säle mit dem ‚Dativ, der dem Genitiv sein Tod ist’...
In dem Seminar werden wir uns eingehend mit grammatischem Wandel und Variation beschäftigen: Warum gebrauchen wir neben gewinkt auch gewunken, neben buk auch backte und neben zwei Pizzas auch Pizzen? Wie lassen sich die Formen systematisch erklären? Welche Faktoren bedingen ihren Gebrauch?
Ebenso stellt sich die Frage nach den Grenzen von Variation: Ausdrücke wie er erschrak vor dem Hund und der Hund erschreckte ihn oder man hat ihm einen Zahn gezogen, ihm wurde ein Zahn gezogen und er bekam einen Zahn gezogen werden wir als alternative sprachliche Perspektivierungen thematisieren…
Vor diesem Hintergrund werden wir das Konzept der Schulsprache beleuchten, den Fehlerbegriff differenzieren, den Umgang mit Variation in der Schule thematisieren und uns kritisch mit der Idee des Sprachverfalls beschäftigen.
Seminar "Sprachliche Diskriminierung an der Schule: Herausforderungen und Lösungswege"
Schule ist Teil der Gesellschaft; im schulischen Kontext finden sich daher auch Einstellungen, Vorurteile und Ideologien, die in der Gesellschaft verbreitet sind. Eine besondere Herausforderung stellen dabei Einstellungen und Praktiken dar, die sprachliche Hegemonien begründen, die einer inklusiven Bildung im Weg stehen, etwa der monolingualer Habitus oder die in Deutschland stark ausgeprägte Standardsprachideologie. Wir diskutieren im Seminar, welche Probleme sich hieraus für die Schule ergeben und wie man diesen Herausforderungen im Unterricht begegnen kann. Auf dieser Grundlage werden im Workshop-Format konkrete Lösungen für verschiedene Bereiche des Bildungssystems erarbeitet.
Literatur
Boas, Hans, & Wiese, Heike (2023). Ein Land – eine Sprache? In: Ulrike Freywald & Heike Wiese (Hg.), Deutsche Sprache der Gegenwart. Metzler. Kap.2.
Brizić, Katharina (2023). Umgang mit sprachlicher Vielfalt. In: Ulrike Freywald & Heike Wiese (Hg.), Deutsche Sprache der Gegenwart. Metzler. Kap.3.
Gogolin, Ingrid (1994). Der monolinguale Habitus der multilingualen Schule. Münster: Waxmann.
Mary, Latisha; Krüger, Ann-Birte, & Young, Andrea S. (Hg.) (2021), Migration, Multilingualism and Education. Critical Perspectives on Inclusion. Bristol: Multilingual Matters.
Li Wei (2021). Translanguaging as a political stance: implications for English language education. ELT Journal 76; 2: 172–18.
Wiese, Heike; Tracy, Rosemarie & Sennema, Anke (2020). Deutschpflicht auf dem Schulhof? Warum wir Mehrsprachigkeit brauchen. Duden-Debattenbuch. Berlin: Duden-Verlag.
Seminar "Orthografische Varianten"
Die amtlich geregelte Orthografie lässt einige Varianten zu, vor allem bezüglich der Kommasetzung und der Getrennt- und Zusammenschreibung. Aber auch bei einzelnen Wortschreibungen sind Varianten zugelassen (z.B. Alptraum-Albtraum). Die amtliche Regelung ist häufig eine Reaktion auf den Sprachgebrauch, d.h. wenn Varianten zugelassen sind, liegt das in der Regel daran, dass Schreiberinnen und Schreiber unterschiedlich schreiben. Im Seminar werden wir uns damit beschäftigen, welche linguistischen Gegebenheiten dazu führen, dass Schreiberinnen und Schreiber verschiedene Schreibungen für angebracht halten. |